oslo2023Der Schweizer Ausnahmekönner hat sich unter anderem dank seinem Sieg am Diamond League Meeting in Oslo erneut ins Schaufenster der Weitsprung-Elite manövriert. Kurz vor der WM in Budapest gibt er einen Einblick in seine momentane Verfassung, schaut zurück auf sein bisheriges Saison-Highlight, benennt seine Ziele und sagt, mit welchem Leichtathleten er gerne einmal tauschen würde.

Du bestreitest in Budapest nach Eugene (USA) deine zweite WM bei der Elite. Wie gross ist die Vorfreude?

Die ist riesig. Es ist nicht selbstverständlich, an einer WM dabei sein zu können. Das ist jedes Mal eine Ehre. Und ich reise in Top-Verfassung, entsprechend kann ich den Wettkampf kaum erwarten. Was noch hinzukommt: dass es die zweite WM innert Jahresfrist ist. Das macht es schon speziell.

Mittlerweile hast du bereits einige Erfahrungen an Grossanlässen sammeln können. Auf was freust du dich vor Titelkämpfen am meisten?

Auf die Stimmung, die Grösse des Anlasses, das Ganze drumherum. Aber es ist vor allem auch der sportliche Reiz, der es ausmacht. Sich mit den Besten der Besten messen zu können. Alle Athletinnen und Athleten kommen ideal vorbereitet an solche Titelkämpfe. Da ist es auch reizvoll zu sehen, wer über die beste Tagesverfassung verfügt. Das bringt eine gewisse Unberechenbarkeit mit sich.

Besteht an solchen Events überhaupt die Möglichkeit, etwas vom Austragungsort zu sehen? Oder ziehst du dich bewusst in deine Athleten-Blase zurück?

Vor dem Wettkampf sieht man sich eigentlich nichts an. Ausser vielleicht das Stadion an, um sich ein wenig mit der Umgebung vertraut zu machen. Aber sonst verbringt man die Zeit hauptsächlich im Hotel oder auf dem Trainingsgelände. Nach dem Wettkampf ist es dann etwas anderes. Je nachdem, wann die Rückreise geplant ist, kann man sich dann schon auch einmal etwas ansehen. Die Rückreise plant der Verband. In Budapest werde ich nach meinem Wettkampf zwei Tage haben, bevor ich zurückreise. Da sollte ein kurzer Sightseeing Trip schon drin liegen.

Mit welchen Ambitionen reist du in die ungarische Hauptstadt? Wann bewertest du für dich die WM als Erfolg?

Die Ambition ist, gleich gut oder sogar besser zu springen wie im Vorjahr. Eine Medaille muss immer das Ziel sein an einem Grossanlass. Aber es gibt viele Faktoren, die dabei eine Rolle spielen. Das ist wie erwähnt z.B. die Tagesform. Aber auch die Tatsache, dass man durch eine Quali muss. Da hat es 39 andere Springer, die ebenfalls in den Final möchten. Das ist das Minimalziel für mich, diese Top 8 zu erreichen. Wenn ich das schaffe, nimmt das schon einmal einen gewissen Druck. Denn dann weiss ich, dass ich sechsmal die Möglichkeit habe, «einen rauszuhauen».

Letztlich hängt die Bewertung auch immer mit der Frage zusammen, ob ich meine optimale Leistung habe bringen können. Wenn das der Fall ist, aber andere weiter sprangen als ich, kann ich mir nicht viel vorwerfen.

Wie aktiv verfolgst du die Leistungen der übrigen Schweizer*innen an der WM, aber auch die Resultate im Zehnkampf?

Klar verfolgt man es, auch wenn man sich selten aktiv etwas vor Ort ansieht. Aber über den Fernseher oder Social Media bekommt man natürlich mit, was die anderen Athlet*innen machen. Mich interessieren sowohl die Schweizer Resultate als auch die im Zehnkampf. Dort möchte ich vor allem sehen, welche Resultate geliefert werden. Diese vergleicht man automatisch mit den eigenen Bestleistungen und rechnet sich aus, wo man hätte landen können. Das gehört ein wenig zum Spiel der Zehnkämpfer.

Wie zufrieden bist du mit deinem bisherigen Saisonverlauf? Und was war für dich das bisherige Highlight?

Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden mit der Saison. Klar, Götzis war ein unnötiger Dämpfer, aber das gehört dazu. Mein Highlight war die Woche, in der ich am Donnerstag in Oslo das Diamond League Meeting gewann und nur drei Tage darauf im Zehnkampf den Schweizer Meistertitel holte. Das waren sehr intensive Tage, aber wunderschöne!

In Oslo wurdest du zum ersten männlichen Schweizer Diamond League Sieger. Welchen Stellenwert hat das für dich? Und ändert das etwas in Bezug auf deine WM-Herangehensweise?

Das hat schon einen grossen Stellenwert. Wir haben aktuell ein paar sehr starke Athletinnen und Athletinnen in der Schweiz. Es war letztlich eine Frage der Zeit, bis es einer werden würde und da hatte ich natürlich schon gehofft, dass ich es dann bin. Es ist eine Ehre. Für mich ist der Stellenwert aber auch darum hoch, weil in Oslo ein wirklich starkes Feld war. Das hätte gut und gerne ein WM-Final sein können. Der Abend hat mir gezeigt, dass ich als Spezialist zur Elite dazugehöre, wenn ich fit bin. Das hat natürlich auch mein Selbstvertrauen in Richtung WM gestärkt.

Die Entscheidung, an der WM auf den Zehnkampf verzichten zu müssen, fiel dir – wie man lesen konnte – nicht einfach, wurde aber dadurch etwas erleichtert, dass es gesundheitliche Gründe gab. Bist du zuversichtlich, dass du im kommenden Jahr auch im Zehnkampf wieder voll angreifen kannst?

Ja, da bin ich zu hundert Prozent zuversichtlich und das ist auch das grosse Ziel. Aktuell bin ich in der komfortablen Lage, dass ich zwar weiterhin auf Top-Niveau Sport machen, aber gleichzeitig meine Schulter schonen kann. Diese Zeit habe ich jetzt. Klar war die Entscheidung gegen den Zehnkampf schwierig, ja eigentlich sogar gemein, weil ich mich nie gerne gegen etwas entscheide.

Wie sahen deine letzten Wochen vor der WM aus hinsichtlich der Vorbereitung. Die Schulter musste ja geschont werden, gleichzeitig kannst du ja vermutlich auch nicht komplett nur auf den Weitsprung setzen. Damit würdest du in den Zehnkampf-Disziplinen doch auch ein wenig in Trainingsrückstand geraten.

Bis zu den Schweizer Meisterschaften in Bellinzona (29./30.7.) habe ich zusammen mit meinem Trainer René Wyler noch in mehreren Disziplinen trainiert (Simon ist dort über die Hürden angetreten, im Stabhochsprung und im Weitsprung, Anm. d. Red.). Seit Bellinzona steht jetzt aber klar der Weitsprung im Vordergrund. Dazu gehört allerdings auch nach wie vor das Hürdentraining, weil viel in die Start-Beschleunigung investiert werden muss.

Nach der WM ist vor Weltklasse Zürich. Mit welchen Gefühlen blickst du auf das grösste Schweizer Meeting voraus? Oder hat das im Moment noch gar keinen Platz?

Ein bisschen denkt man schon voraus, aber mehr im Zusammenhang mit der gesamten Saisonplanung. Der Fokus aktuell liegt voll und ganz auf der WM. Das Ziel ist es, überall zu gewinnen, wo ich antrete, also auch in Zürich. Man möchte immer top performen, gerade auch in der Schweiz. Aber das ist eher eine Grundeinstellung. Wenn man so will, erhoffe ich mir, an der WM Selbstvertrauen zu holen für Weltklasse Zürich.

Im TV Teufen bist du nicht mehr der einzige Zehnkämpfer mit Ambitionen. Andrin Huber und Cédric Deillon gehören mittlerweile auch zu deiner Trainingsgruppe. Wie ist das?

Für das Trainingsklima ist es super, nicht mehr alleine unterwegs sein zu sein. Schon seit mehreren Jahren geniesse ich hervorragende Trainingsbedingungen im Sportleistungszentrum Appenzellerland. Jetzt können wir dies zu dritt, was nicht nur aus Sicht des Spassfaktors schön ist. Denn so langsam wird es auch sportlich interessant, weil sie in Alterskategorien vorstossen, in denen wir uns immer besser vergleichen können. Sie sind kurz vor dem Sprung zum Profitum und das verändert einiges. Du kannst viel besser, umfänglicher trainieren und mehr aus dir herausholen. In meinem Windschatten konnten sie sich bis jetzt ziemlich gut entwickeln wie ich finde. Jetzt freue ich mich darauf, dass wir uns bald gegenseitig Windschatten geben können.

Seit diesem Jahr bist du Markenbotschafter von Red Bull. Inwiefern konntest du bereits von dieser Partnerschaft profitieren?

Die Möglichkeit, mir in Salzburg eine Zweitmeinung hinsichtlich meiner Schulter einzuholen, war sehr wertvoll. Ich werde durch Pierre Hofer von der Hirslanden Klinik auch in der Ostschweiz optimal betreut. Das hat sich auch darin gezeigt, dass die Spezialisten in Österreich bestätigt haben, was ich dank Pierre bereits wusste. Aber das gibt einem natürlich noch ein bisschen mehr Sicherheit. Wir wissen jetzt, wie wir fahren können, auf was wir achten müssen.

Profitieren werde ich von den Möglichkeiten bei Red Bull vor allem dann auch wieder nach der Saison. Dann sind verschiedene Tests geplant die zeigen sollen, wo ich stehe, wo meine Defizite sind und wie ich dies am besten angehen kann. Innerhalb von einer Woche habe ich einen Bericht, der mir Antworten auf all diese Fragen gibt. Die Geräte, die sie für diese Analysen haben, sind top. Es ist aber nicht so, dass es diese in der Schweiz nicht gibt. Der Vorteil von Red Bull ist einfach, dass sie alle diese Geräte an einem Ort haben. In der Schweiz müsste ich viel mehr reisen und verschiedene Spezialisten aufsuchen.

Bonusfrage: Wenn du für einen Tag ein anderer Leichtathlet oder eine andere Leichtathletin sein könntest, wer wäre es und weshalb?

Entweder Mondo Duplantis (SWE), den aktuell besten Stabhochspringer. Wie selbstverständlich und spielerisch er springt, bewundere ich. Und so scheint er auch zu leben. Darum würde es mich schon interessieren, ob er wirklich so locker-flockig ist und ob sein Leben tatsächlich so leicht von der Hand geht.

Ein anderer Athlet, der mich fasziniert, ist Kévin Mayer (FRA). Er ist ein komplett anderer Mehrkämpfer als ich und hat auch eine andere Herangehensweise. Mehr über seine Philosophie zu erfahren und zu verstehen, wie er damit umgeht, eher wenige Wettkämpfe zu bestreiten, das wäre schon spannend.

 

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